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Freimaurerei im 21. Jahrhundert aus der Sicht einer Freimaurerin

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Freimaurerei im 21. Jahrhundert aus der Sicht einer Freimaurerin

Vortrag von Franka Dewies-Lahrs beim Benefiz-Abend der Lindauer Freimaurerloge „Insel zu den drei Ufern“ am 15.03.2024 Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit Genehmigung.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Brüder, liebe Schwestern

vorab Folgendes: Wie in der Freimaurerei üblich, spreche ich hier als freie Frau und vertrete meine persönliche Meinung auf der Basis meines aktuellen Wissensstandes.

Beim Thema des heutigen Abends habe ich mich gefragt: Was ist eigentlich Freimaurerei? Wie nähere ich mich den Gemeinsamkeiten, dem Kern?

Mein Ansatz: Historisch

„Zukunft braucht Herkunft.“1 titelte der Philosoph Odo Marquard, doch wo fange ich an? Bleiben wir im Land und reisen zurück ins Jahr 1778.

Damals hat Gotthold Ephraim Lessing den fiktiven Freimaurer Falk sagen lassen „Freimaurerei war immer da, es gibt sie, solange Menschen denken können“2. Für ihn stand der Begriff „Freimaurerei“ als Synonym für die uralte Sehnsucht der Menschen nach Freiheit, Gleichheit, Mitmenschlichkeit und Gerechtigkeit - also stellvertretend für das Bemühen um ein besseres Miteinander für eine bessere Welt. – und zwar schon damals explizit über Standes- und Landesgrenzen hinaus.

Das, was Lessing in „Ernst und Falk“ mit „Freimaurerei“ umschreibt, ist also nicht begrenzt auf die in Vereinen, unseren „Logen“ organisierte Freimaurerei, die wir heute mit dem Begriff assoziieren. Lessing lässt Falk sagen: „Die Freimaurerei ist nichts willkürliches, nichts entbehrliches, sondern etwas Notwendiges, das in dem Wesen des Menschen und der bürgerlichen Gesellschaft gegründet ist. Folglich muss man auch durch eigenes Nachdenken darauf kommen, als wenn man durch Anleitung darauf geführt wird.“3 (Zitatende). Diese Sichtweise auf die Freimaurerei ist gerade für mich als Frau spannend.

Mit der Entwicklung des Bürgertums bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts wurden in unserer Gesellschaft Frauen aus dem öffentlichen Leben fast vollständig zurückgedrängt. Es etablierte sich ein Frauenbild, das Simone de Beauvoir beschreibt als „der Mann definiert die Frau nicht an sich, sondern in Beziehung auf sich, sie wird nicht als autonomes Wesen angesehen“4 (Zitatende). Wir Frauen wurden bis weit ins 20. Jahrhundert in unserer Gesellschaft ausschließlich wahrgenommen als Tochter eines Mannes, Ehefrau eines Mannes, usw. Als nicht autonome Wesen hatten wir natürlich auch keine eigenständigen Rechte. Wir Frauen waren per Gesetz zeitlebens abhängig und unfrei.

Viele Frauen haben sich mit der ihnen zugewiesenen Rolle arrangiert und sie für sich übernommen.

Doch schon im 18. Jahrhundert gab es Frauen, die das für sie vorgesehene Rollenbild ablehnten und für „Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt“5

1 Buchtitel von Odo Marquard

2 Ernst und Falk, erstes Gespräch S. 10

3 Ernst und Falk erstes Gespräch S. 9

4 Simone de Beauvoir, zitiert nach Claudia Gather

5 Präambel der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, erster Absatz

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Freimaurerei im 21. Jahrhundert aus der Sicht einer Freimaurerin

Vortrag von Franka Dewies-Lahrs beim Benefiz-Abend der Lindauer Freimaurerloge „Insel zu den drei Ufern“ am 15.03.2024 Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit Genehmigung.

kämpften. Sie nahmen sich selbst als autonome Person wahr und hatten den Anspruch, selbst zu denken. Doch sie durften sich weder versammeln noch eigenes Geld haben. Mädchen erhielten in der Regel nur die Bildung, die für eine standesgemäße Heirat erforderlich war. In dieser Tradition machten viele Mädchen bis in die 1970er-Jahre ein hauswirtschaftliches Fachabitur, das sog. „Puddingabitur“.

Frauen, die sich für die Ideen der Freimaurerei begeisterten, konnten zwangsläufig nur im privaten Rahmen und über persönliche Netzwerke aktiv werden. Sie wurden von Anfang an unterstützt von frei denkenden Männern.

Bekannt und einflussreich war die Kultur der Salons, die von „Salonière“ genannten meist adeligen Frauen geführt wurden. Der französische Salon des 18. Jhd. ist praktisch eine zum Gedankenaustausch zusammengekommene Gesellschaft unter der „Leitung“ einer Frau.“6 Unsere Altgroßmeisterin Marita Gründler hat sich intensiv mit der Salonkultur beschäftigt und schreibt: „Die Salons stehen für Emanzipation, Integration und Sozialisation und ihre Betreiberinnen haben einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zum Fortschritt der europäischen Kulturgeschichte geleistet.“7 (Zitatende) Die Salongesellschaften ermöglichten regelmäßige Kontakte zwischen Frauen und Männern unterschiedlichen Standes und religiösen Bekenntnisses. Sie dienten dem freien Ideenaustausch und förderten die Ideen der Aufklärung.

In Deutschland etablierte sich diese Kultur nach dem französischen Vorbild harmonischer Gesellschaften von Adligen und Nichtadligen erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Einige wenige, vor allem gesellschaftlich privilegierte Frauen des Adels und des gehobenen Bürgertums kannten den der Aufklärung entsprungenen Gedanken der Gleichstellung von Frau und Mann. Sie versuchten, ihn zumindest für sich zu leben - durch ihr entschiedenes geistiges Engagement und ihre persönliche Lebensgestaltung. Sie führten Salons, in denen die bedeutendsten Intellektuellen der Zeit verkehrten und prägten dadurch ein neues Frauen- und Menschenbild.8

Eine bekannte Salonière auf deutschem Boden war Herzogin Anna Amalia, die die fürstliche Bibliothek in Weimar gründete - auf der Basis ihrer privaten Bibliothek.

Der Berliner Salon der Rahel Varnhagen galt als ein Hort der Freiheit – wozu damals sehr viel Mut gehörte. Bei ihr traf sich die gesamte geistige Elite der Zeit, u.a. Fichte, Hegel und Schleiermacher.

Bedeutend waren auch die Empfänge der Fanny Lewald, einer Schriftstellerin, deren Salon in erster Linie ein politisches Forum war.

Fanny Lewald war eine Vorkämpferin der Frauenemanzipation. Zu ihrem Freundeskreis gehörten Heinrich Heine, die Frauenrechtlerin Hedwig Dohm und die Schriftstellerin Henriette Herz, die ebenfalls eine bekannte Salonière war.

6 http://www.kollektiveautorschaft.uni-koeln.de/salonkultur.htm 7 Zitiert nach Marita Gründler S. 6

8 Vgl. Carmen Stadelhofer, Frauen im Aufbruch

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Vortrag von Franka Dewies-Lahrs beim Benefiz-Abend der Lindauer Freimaurerloge „Insel zu den drei Ufern“ am 15.03.2024 Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit Genehmigung.

Marita Gründler kommt durch ihre Recherchen zu dem Schluss: „Viele Salonièren waren Ehefrauen, Töchter oder Schwestern von Freimaurern und viele der Gäste waren Freimaurer und regelmäßige Teilnehmer an den Veranstaltungen. Sie alle nahmen die Inspirationen aus den Salons mit und befruchteten auf diesem Weg auch die Arbeit in ihren Logen und umgekehrt.“ (Zitatende)

Auf dem Weg über die Salons verbreiteten sich die Ideen und Ideale der Aufklärung – und der Freimaurerei – auch schon im 18. /19. Jahrhundert unter Männern und Frauen.

Doch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts konnten Frauen nur im privaten Rahmen und mit Unterstützung von Männern aktiv werden. Treffen in Logen blieben uns versagt. Das änderte sich erst, als im Dezember 1948 die Vereinten Nationen die allgemeine Erklärung der Menschenrechte verkündeten, die explizit in ihrer Präambel „die Gleichberechtigung von Mann und Frau erneut bekräftigt“9 . Im Mai 1949 trat dann das in Deutschland bindende Grundgesetz in Kraft. Wenige Wochen später bildete sich in West-Berlin dank der Initiative einiger Brüder eine erste Gruppe von Frauen mit dem Ziel, eine Frauenloge zu gründen. Dieses Jahr feiert diese Loge ihr 75jähriges Bestehen. Sie ist die erste Loge unseres Verbandes und blieb lange die einzige. Erst die gesellschaftliche Entwicklung und die Reformen der 1970er-Jahre führten 1982 zur Gründung weiterer Frauenlogen in Westdeutschland und zur Gründung unserer Großloge. Seitdem verbreitet sich die feminine Freimaurerei in Deutschland, seit dem Ende der DDR, in der Freimaurerei verboten war, auch im Osten der Republik.

Die Ideale der Freimaurerei im Sinne Lessings begeistern also seit jeher auch uns Frauen trotz erschwerter Rahmenbedingungen.

Seit ihrer Entstehung vertritt die Freimaurerei das Menschenbild, das sich mit der Aufklärung entwickelt hat und das wir heute „aufgeklärten Liberalismus“ oder „liberale Demokratie“ nennen. Das Fundament sind die Werte des Artikel 1 der allg. Erklärung der Menschenrechte: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Solidarität begegnen.“10 In der Freimaurerei bekannter ist: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität“.

Gesellschaftlicher Rahmen

Die aktuelle Entwicklung unserer Gesellschaft geht in eine andere Richtung. Es wird immer häufiger polarisiert und mehr und mehr Menschen radikalisieren sich. Im öffentlichen Raum greift die Intoleranz um sich, es wird nicht zugehört, sondern niedergebuht, ausgegrenzt und abgewertet. Freie Meinungsäußerung wird zum

9 Präambel der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, fünfter Abschnitt

10 https://www.amnesty.de/alle-30-artikel-der-allgemeinen-erklaerung-der-menschenrechte abgerufen am 27.02.2024

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unkalkulierbaren Risiko, selber denken unerwünscht. Immer mehr Menschen bewegen sich nur noch unter ihresgleichen, in ihrer eigenen Blase.

Um die zunehmende Polarisierung und Radikalisierung der Gesellschaft greifbar zu machen, möchte ich auf zwei Entwicklungen kurz eingehen:

a) Die aus den Universitäten der USA kommende Bewegung der „political correctness“ oder „wokeness“ fordert eine diskriminierungssensible Sprache unter Berücksichtigung aller Gruppen und Minderheiten – unter dem Begriff „cancel culture“ werden Verstöße gegen wachsame, „woke“, Sprache radikal angeprangert bis zur Forderung, Menschen nach einem „falschen“ Wort als Person zu ächten, zu „canceln“. Diese Bewegung ist schnell auf Europa übergesprungen und sie hat in konservativen Kreisen der Politik und der Medien eine intensive Gegenreaktion hervorgerufen. Beiden Seiten geht es nicht um rationalen Austausch von Argumenten, sondern um Gefühle und um Macht. Um Macht über Sprache. Schon George Orwell wusste „Wenn Gedanken die Sprache korrumpieren können, so kann auch die Sprache unsere Gedanken korrumpieren“.11 (Zitatende) Es geht um die Herrschaft darüber, was sagbar ist und damit auch darum, was denkbar ist. Denn: Denken braucht Sprache.

b) Um mehr als die Macht durch und über Sprache geht es der Ideologie, die die österreichische Extremismusforscherin Natascha Strobl „radikalisierten Konservatismus“ nennt. Diese Ideologie verbreitet sich in den USA und in Europa. Für sie stehen beispielhaft Männer wie Donald Trump oder Wladimir Putin. Durch den Ukraine-Krieg ist sie in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Hier wird einerseits versucht, durch ausgrenzende Neuschöpfungen oder verschleiernde Begriffe Macht über unser Denken auszuüben, anderseits wird – sofern das politisch möglich ist - Sprache rigoros kontrolliert und Fehlverhalten brutal bestraft in dem Wissen, dass Wahrheiten, die nicht sagbar sind, irgendwann auch nicht mehr denkbar sein werden. Leitbild ist eine unpolitische, ins Privatleben zurückgezogene und homogene bürgerliche Gesellschaft – so wie in der Zeit des Biedermeier. Für diese Zeit vor 200 Jahren stehen Menschen wie die tiefreligiöse Dichterin Annette von Droste-Hülshoff. Sie lebte naturnah und bescheiden in ihrem „Schneckenhaus“, der kleinen Wohnung im Rüschhaus bei Münster oder bei ihrer Schwester in der Burg Meersburg – hier ganz in der Nähe.

Fatal für uns Frauen ist das im Konservatismus enthaltene rückwärtsgewandte Geschlechterbild, in dem Frauen keine autonomen Wesen sind. Sobald die Vertreter dieser Ideologie die Macht dazu haben, nehmen sie uns Frauen das Recht auf Selbstbestimmung, auf Bildung und auf eigenes Geld – Frauen werden zu Unfreien.

11 https://gutezitate.com/zitat/153515 abgerufen am 28.02.2024

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Freimaurerei im 21. Jahrhundert aus der Sicht einer Freimaurerin

Vortrag von Franka Dewies-Lahrs beim Benefiz-Abend der Lindauer Freimaurerloge „Insel zu den drei Ufern“ am 15.03.2024 Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit Genehmigung.

Die Französische Revolution hatte die Werte der Aufklärung in die Köpfe der Menschen getragen, doch zur Zeit des Biedermeier (1815 – 1848) war alles wieder wie vor der Aufklärung und der radikalisierte Konservatismus möchte da wieder hin.

Das alles gefährdet unsere Demokratie. Unsere Freiheit ist in Gefahr. Menschen werden ausgegrenzt und bedroht, entweder weil sie anders sind oder weil sie anders denken. Wie bei jeder Ideologie begegnen uns Intoleranz, Vorurteile, Rücksichtslosigkeit und Verfolgung. Selbstständiges Denken wird drastisch bestraft und soll ausgemerzt werden.

Eine gerade veröffentlichte Studie12 bestätigt, dass Hass in sozialen Medien schon jetzt allgegenwärtig ist. Gerade junge Frauen werden bevorzugt Opfer solcher Hassbotschaften. Fatal ist, dass diese Strategie tatsächlich dazu führt, dass die Opfer sich zurückziehen. Sie schweigen, das Kalkül geht auf.

Hier soll - mal wieder – die Aufklärung rückabgewickelt werden. Die in Berlin lebende Philosophin Susan Neimann sagt in ihrem Buch „moralische Klarheit“: „Wo die Aufklärung zur Debatte steht, steht die Moderne auf dem Spiel“13. (Zitatende)

Was bedeutet das für uns Freimaurerinnen im 21. Jahrhundert?

 Ein Wesenskern der Freimaurerei ist der herrschaftsfreie Diskurs. Merkmale dieser Diskurskultur14 sind:

a) Die Gesprächssituation ist symmetrisch, alle sind gleichberechtigt.

b) Jede hat die gleiche Möglichkeit, ihre Meinung zu äußern, es wird ihr zugehört und sie darf ausreden.

c) Fakten sind belegbar.

d) Argumente entscheiden.

 In unseren Logen gibt es viele Ämter zu besetzen und es ist in den meisten Logenregeln verankert, dass keine dasselbe Amt länger als zwei Amtsperioden ausübt. Schon Lessing griff immer wieder das Thema der Rollenidentifizierung und der Rollendistanz auf. Sein Ziel war dabei, ein aufklärerisch-humanes Menschenbild zu entwickeln.15

Durch den regelmäßigen Wechsel der Ämter in der Loge lernen wir Schwestern viele verschiedene Verantwortungsbereiche kennen – der Wechsel der Perspektive ist ein wichtiger Aspekt in Freimaurerinnenlogen. Dadurch beschäftigen wir uns automatisch mit den Inhalten unserer aktuellen „Rolle“ und lernen, unser Selbst und unser Amt zu trennen.

Diese Erfahrungen helfen, das in den Logen zu etablieren, was Falk - also

12 https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/presse/pressemitteilungen/hass-im-internet-nimmt-zu-236278 abgerufen 27.02.2024

13 Susan Neiman S. 37

14 Thomas Beck: Herrschaftsfreier Diskurs und kommunikative Vernunft.

15 Vgl. Arendt, Dieter https://www.fachportal-paedagogik.de/literatur/vollanzeige.html?FId=2115294 Seite 5|7

   

Freimaurerei im 21. Jahrhundert aus der Sicht einer Freimaurerin

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Lessing - „opus supererogatum“ nannte – moralisch gebotenes Werk. 16

 Unsere monatlichen rituellen Zusammenkünfte, unsere „Rituale“, verstehen wir als Einübungsethik17. Wir rufen uns unser Menschenbild und unsere Werte bei jeder dieser Zusammenkünfte ins Bewusstsein und versichern uns gegenseitig, dass wir alle diese Werte teilen, dass wir damit nicht allein sind, sondern Teil einer weltumspannenden Kette. Diese gelebte Solidarität stärkt uns.

 Wir arbeiten mit Symbolen und mit Musik – beides ist zeit- und grenzenlos – und damit das Gegenteil von Ab- und Ausgrenzung.

 Jede hat in der Loge die Freiheit, ihre eigenen Gedanken zu äußern, ohne Repressionen befürchten zu müssen – damit werden zwangsläufig unterschiedliche Meinungen geäußert und bleiben nebeneinander stehen.

 Wir haben den Anspruch, dass sich in der Freimaurerei Menschen kennenlernen, die sich sonst nie begegnet wären – um im herrschaftsfreien Diskurs voneinander zu lernen. Wir begegnen uns als Gleiche unter Gleichen und üben uns in Toleranz.

 Wir werden am Ende unserer „rituellen Arbeit“ aufgefordert, unsere gemeinsamen Werte in den Alltag zu tragen in Form von Mitmenschlichkeit und Selbstsorge. „Wehret dem Unrecht, wo es sich zeigt, kehret niemals der Not und dem Elend den Rücken, seid wachsam auf euch selbst“.18 (Zitatende)

Wir können gesellschaftlich nur dann etwas bewirken, wenn wir diese Aufforderung ernst nehmen und unsere Werte in die Welt tragen. Wie in der Freimaurerei üblich als handelnde Person, nicht als Institution.

Viele Freimaurerinnen nehmen diesen Auftrag sehr ernst und setzen innerhalb der Gesellschaft der zunehmenden Polarisierung ihr persönliches Engagement entgegen.

Wir stärken uns in der Gemeinschaft der Loge, unser Auftrag ist glaubwürdiges Eintreten für Freiheit, für Menschenrechte, für eine völkerverbindende Menschlichkeit und für die Bewahrung einer gesunden, lebenswerten Welt auch für kommende Generationen. Entschlossenes Wirken in der Welt im Sinne unserer Werte - das ist für mich Freimaurerei im 21. Jahrhundert.

16 Lessing, Ernst und Falk, 2. Gespräch. „opera supererogationis“ entstammt der christlichen Theologie

17 Klaus Hammacher „Einübungsethik“

18 Zitiert nach: https://www.bertini-preis.de/foerdernde abgerufen am 27.02.2024

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Literatur:

Arendt; Dieter: „Lessings Nathan der Weise und das opus supererogatum oder: Der Mensch als Rolle und die Rolle des Menschen in der Aufklärung.“ In: Diskussion Deutsch, 16 (1985) 83, S. 243-263 https://www.fachportal-paedagogik.de/literatur/vollanzeige.html?FId=2115294 abgerufen am 03.03.2024

Beauvoir, Simone de: „ Das andere Geschlecht“ Reinbek 1996

Beck, Thomas: „Herrschaftsfreier Diskurs und kommunikative Vernunft“. Der Weg zu einer kritischen Theorie der Gesellschaft bei Jürgen Habermas. Universität Karlsruhe (TH) – Institut für Philosophie Sommersemester 1996 Hauptseminar: Kritische Theorie https://www.youtube.com/watch?v=1vtx4mbJEAc, abgerufen am 03.03.2024

Daub, Adrian: „Cancel Culture Transfer“, Berlin 2022

„Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ Resolution 217 A (III) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948

Frick, Marie-Luisa: „Mutig denken“, Reclams Universal-Bibliothek 2020

Gather, Claudia: Frauen, das zweite Geschlecht : Der >Mythos< bei Simone de Beauvoir ; Anknüpfungspunkte für eine feministische empirische Soziologie, in: Feministische Studien : Zeitschrift für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung, Jg. 26 (2008) Nr. 2, 252-267. DOI: https://doi.org/10.25595/625.

Gründler, Marita: „Salonkultur von der Renaissance bis heute– der große Einfluss von Frauen auf Bildung und Kultur in Europa“, unveröffentlichtes Manuskript 2024

Hammacher, Klaus: „Einübungsethik“ Schriftenreihe der Forschungsloge QC Nr. 45 Bayreuth 2005

Höhmann, Hans-Hermann: „Wieder einmal Lessing. Auf den Spuren eines modernen Denkers“ https://freimaurer-wiki.de/index.php/Traktat:_Hans-Hermann_H%C3%B6hmann_- _Wieder_einmal_Lessing._Auf_den_Spuren_eines_modernen_Denkers

Lessing, Gotthold Ephraim / René Schon / Thorsten Dörfler: „Ernst und Falk 2014“, Leipzig 2. Auflage 2017

Lessing, Gotthold Ephraim „Ernst und Falk“ https://www.freimaurer- wiki.de/index.php/Gotthold_Ephraim_Lessing_-_Ernst_und_Falk abgerufen 03.03.2024

Marquard, Odo: „Zukunft braucht Herkunft“ Reclam Taschenbuch, Ditzingen 2003 Neimann, Susan: „Moralische Klarheit. Leitfaden für erwachsene Idealisten“ Hamburg 2010 Peister, René: „Ein falsches Wort“ München 2023

Stadelhofer, Carmen: „Frauen im Aufbruch - Ein Beitrag zur Geschichte der Frauenemanzipation in Deutschland - Vergessene Lektionen aus der Geistes- und Sozialgeschichte des 19. Jahrhunderts“ über: https://archiv.zawiw.de/sites/www.women-in-history.eu/hintergrundinformationen.html abgerufen am 27.02.2024

Strobl, Natascha: „Radikalisierter Konservatismus“ Berlin 2021

Willems, Marianne: „Der herrschaftsfreie Diskurs als opus supererogatum“ in Mauser, Wolfram und Saße, Günter. Streitkultur: Strategien des Überzeugens im Werk Lessings; Referate der Internationalen Lessing-Tagung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der Lessing Society an der University of Cincinnati, Ohio/USA, vom 22. bis 24. Mai 1991 in Freiburg im Breisgau, Berlin, New York: Max Niemeyer Verlag, 1993. https://doi.org/10.1515/9783110920109

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Wie Freimaurerin werden?

Eine neue Schwester, so nennen sich die Mitglieder einer Loge, wird in einer feierlichen Initiation in die Loge aufgenommen. Bis es so weit ist, müssen beide Seiten, die Loge und die Suchende, sich kennengelernt haben. Dies geschieht in der Regel über den Besuch der offenen Vortragsabende in den Logen. Im Gespräch und in der Diskussion stellen so alle Seiten über einige Monate fest, ob eine Mitgliedschaft von Interesse ist. Letztlich stellt die Interessierte einen Antrag auf Aufnahme in die Loge, über den dann die Mitglieder abstimmen. Unsere Logen sind eingetragene Vereine, e.V. Die Aufnahme in die Freimaurerinnenloge ist damit zugleich ein Vereinsbeitritt. Die Satzung kann vor dem Beitritt eingesehen werden.